Live

[Live-Bericht] David August in der Columbiahalle

David August hat eine steile Karriere hingelegt. So steil, dass er es als Produzent und DJ einer unfassbar facettenreichen, besonderen und teils sehr experimentellen Musik von den Technoclubs und Festivals auf die Bühne der Columbiahalle geschafft hat. Seine tanzbaren House-Tracks hat er an dem Abend weitgehend zuhause gelassen, stattdessen füllt er 1,5 Stunden mit einem Set, das zum großen Teil aus Stücken seines Projekts 99CHANTS besteht.

Das ist gut, denn was David August da auf der Bühne macht, ist nicht an Knöpfen rumdrehen, sondern eine ziemlich hohe Kunst. Was er auch mit seinem aktuellen Album „D’Angelo“ zuletzt mal wieder bewiesen hat. Allerdings fühlt es sich an, als wäre genau das an dem Abend das Problem.

Mal abgesehen davon, dass die beiden 2018 erschienen Alben „DCXXXIX A.C.“ undD’Angelo“ lange nicht die Tanzbarkeit mit sich bringen, die frühere Tracks wie „Hamburg Is For Lovers“ innehaben, benötigen Stücke wie „33CHANTS“ oder „Elysian Fields“ doch irgendwie ein gewisses Setting, um ihre Wirkung zu entfalten. Das, was David August live macht, braucht Atmosphäre. Die habe ich bei meinen etlichen Malen in der Columbiahalle allerdings noch nicht finden können.

Ich bin an dem Abend genau aus dem, für mich, offensichtlichsten Grund in der Columbiahalle: wegen der Musik. Das scheinen viele meiner Mitmenschen allerdings anders zu sehen. Eigentlich dient David August an dem Abend nur dazu, die Hintergrundmusik für sinnentleerte Gespräche aufzulegen. Ein bisschen wie ein Alleinunterhalter auf einer Kaffeefahrt für geschwätzige Senioren. Gleichzeitig bietet er auch den perfekten Soundtrack für die verzweifelte Suche nach Teilchen. Fair enough, elektronische Musik und Drogen – das geht ja Hand in Hand. Ohne würde man die Musik, für die man an dem Abend 30 Euro gezahlt hat ja auch nicht aushalten. Und der Spaß bleibt auch auf der Strecke.

Das offensichtliche Spektakel spielt sich aber im inneren Kreis, also unmittebar vor der Bühne ab. Beim Blick in die Menge fühle ich mich ein bisschen wie auf der Sensation White. Oder Schalke Olé. Sobald ein Hit gespielt wird, schmeißen alle die Arme in die Luft und schreien einmal kollektiv „Whooo“. Dann wird wieder gediegen weitergetanzt, oder zumindest mit dem Kopf gewackelt. Man muss ja die Coolness bewahren. Wir dürfen nicht vergessen, das hier ist Columbiahalle, nicht der Boiler Room. Ich bleibe am Rand der tobenden Masse stehen und versuche das Konzert zu genießen. Erschwert wird das allerdings durch den miserablen Sound, denn wer nicht unmittelbar im Zentrum der Halle steht, hat schlechte Karten.

Ich fühle: nichts. Man kann David August keinen Vorwurf machen. Der Junge weiß, was er tut. Ich lehne mich an der Stelle mal weit aus dem Fenster und behaupte, er ist das Wunderkind der elektronischen Musik. Und bei einer Show wie in der Elbphilharmonie funktioniert so ein experimentelles Set 100 prozentig. Aber für ein Konzert in der Columbiahalle, mit einem undankbaren Publikum und noch undankbarerem Sound hat da nicht viel gepasst.

 

(Foto: Stefania Rosini)