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Casper in Frankfurt: Adrenalin, Endorphine, Live-Energie wie ne Maschine

Der Auftritt von Casper in der Frankfurter Jahrhunderthalle kann man am besten mit seiner eigenen Zeile zusammenfassen. Auch 14 Jahre nach seinem Debütalbum versetzt der Rapper seine Fans noch immer in Ekstase – auch dank eines Wechselspiels von Gefühlen.

Der Boden bebt. Dicht gedrängt springen die 5000 Fans in der Jahrhunderthalle im Takt des Basses. Die Arme schwenken zu den Lines des Rappers Casper. „Adrenalin, Endorphine (ah), Live-energie ’ne Maschine (ah), Reiß nieder wie ’ne Lawine (ah), Auf und ab über die Bühne (ah)“, rappt Casper im gleichnamigen Song Adrenalin, den er zusammen mit Marten Laciny aka. Marteria geschrieben hat. Draußen fröstelt es. Doch in der Halle glüht die Menge. Adrenalin strömt aus jeder Körperzelle der Zuschauer:innen.

Als der letzte Ton des Songs „Adrenalin“ verstummt, erscheinen drei Worte auf der Leinwand hinter der Bühne: Woman (آزادی), Life (زندگی), Freedom (زن). Ein Slogan der maßgeblich für die Proteste im Iran steht. Diese politische Botschaft wird nicht die einzige an diesem Abend in Frankfurt bleiben. Benjamin Griffey, aka. Casper, verleiht seiner starken Haltung regelmäßig Ausdruck. Auf seinen Konzerten toleriert er keinen Hass, keinen Rassismus, keine Diskriminierung. Er will eine Atmosphäre, in der sich alle wohlfühlen.

Auch deshalb gehört Casper seit Jahren zur Deutschrap-Szene wie Weihnachten zum Winter. Mit seinem unvergleichlichen Rap-Rock begeistert der Deutsch-Amerikaner seit 15 Jahren seine Fans. Wie treu Caspers Fans sind, ist auch in der Jahrhunderthalle nicht übersehbar: Überall kann man alte Tour-Shirts erblicken. Egal ob auf der Hinterland-Tour 2014, der Lang lebe der Tod-Tour 2017 oder der 1982-Tour mit Materia 2019 – seine Fans waren da.

Von der Vergangenheit geprägt

Dabei stammt Casper nicht aus einer Deutschrap-Metropole wie Berlin oder Frankfurt, sondern aus Lemgo. Dort wurde der Rapper 1982 im beschaulichen Ostwestfalen geboren. Einer Gegend, in der die Bürger eher für ihre Christlichkeit und Sparsamkeit bekannt sind als für Eskalation und Politik. Doch genau das vereint Casper in seinen Songs wie kein Zweiter. Der 40-Jährige ist für seine politischen Botschaften bekannt.

Grund dafür ist seine Jugend. Aufgewachsen ist Benjamin nicht im bürgerlichen Ostwestfalen, sondern in einem Trailerpark in Georgia. Seine Eltern lassen sich früh scheiden. Der neue Partner seine Mutter hat Drogenprobleme und die damit einhergehenden Gewaltausbrüche prägen Casper nachhaltig. Mit elf geht es zurück nach Deutschland. In Bielefeld muss er Deutsch erst wieder lernen. Die Erlebnisse seiner Kindheit und der problematischen Teenager-Zeit verarbeitet er in seiner Debütsingle „Hin zur Sonne„. Caspers eigene Verletzlichkeit, die raue Stimme, die Eindringlichkeit seiner Songs – das macht die Musik des Ostwestfalen so einzigartig. Heute ist Casper von den Festivals der Republik nicht mehr wegzudenken.

TUA – Prominenter Support

Ja, live ist Casper eine Maschine – das wissen auch die Fans. Die finden den Rapper mehr als „Ganz schön okay“, sondern vielmehr „So perfekt“. Schon vor dem Konzert ist die Vorfreude der Anwesenden in der Halle spürbar. Die Stimmung ist gut. Verstärkt wird das allgemeine Wohlgefühl der Fans an diesem 1. Dezember nur als drei große weiße Buchstaben auf der Bühne erscheinen. Denn Support spielt an diesem Abend kein anderer als Tua. Das Mitglied der Orsons brachte bereits 2005 seine ersten Songs raus und überzeugt seitdem mit Rap auf melodischen Rhythmen.

Der Reutlinger spielt selbst Gitarre und Klavier. Auch an diesem Abend untermalt er seine Songs selbst und ist sprachlos als die Crowd jedes seiner Lieder mitsingen kann. Mehrmals wiederholt der Rapper: Leute, Leute – ich bin nur der Support. Das lässt den Applaus für den 36-Jährigen noch mehr aufbrausen. Doch „Wem macht er was vor“? Tua ist selbst eine Legende des Deutschrap – auch ohne die restlichen Mitglieder der „Orsons“. Das wird deutlich als TUA für TNT noch einmal auf die Bühne kommt und zusammen mit Casper performt.

Tua bleibt jedoch nicht der einzige Gast an diesem Abend. Bei „Lass sie gehen“ bekommt Casper Unterstützung von Ahzumjot. Für „Am Boden bleiben“ überrascht Vega die Frankfurter Fans. Diese hätten wohl noch stundenlang weiter feiern und der Musik lauschen können, doch um viertel vor 11 heißt es: „Es war schön und nichts tat weh.“

Foto: Jano Bruns
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