Oskar Haag
Interviews

Oskar Haag im Interview über Musik als Zufluchtsort und Nährboden für Emotionen

Oskar Haag lediglich als Newcomer aus Österreich zu betiteln würde dem jungen Musiker und Schauspieler nicht gerecht werden. Vielmehr ist er wohl eines der jüngsten Poptalente des Landes. Mit gerade mal 16 veröffentlichte er die Single „Stargazing“, mit der er von den österreichischen Medien und Fans gefeiert und zur androgynen Lichtgestalt des Jahres erklärt wurde. Schule geschmissen, zwei Jahre älter und sich ganz der Musik gewidmet, veröffentlicht er nun sein Debütalbum „Teenage Lullabies“ und führt damit in eine träumerische Welt voller Emotionen. Wir haben im Gespräch mit Oskar Haag mehr über seine Inspirationen, die Bedeutung von Emotionen sowie Musik als Zufluchtsort erfahren und wie es für ihn ist, als Musiker und Schauspieler auf der Bühne zu stehen.

musik3000: In der Kommentarspalte unter deinen Videos ist mir immer wieder untergekommen, dass du an den „jungen Bowie“ erinnerst. Siehst du das als Kompliment? Welche Künstler:innen sind deine Inspiration?

Oskar Haag: Ja auf jeden Fall, ich liebe David Bowie. David Bowie ist eine riesengroße Inspiration, eigentlich alles was er macht: seine Musik, seine Erscheinung! Dann noch die Beatles ganz ganz wichtig. Vor allem Paul McCartney, weil er, nachdem die Beatles nicht mehr waren, alles alleine in seinem Studio zuhause gemacht hat. Er war der erste in der großen Popszene, der ein Album alleine aufgenommen hat – was ich eben auch mache. Außerdem würde ich Harry Styles auch als großes Vorbild sehen, weil ich irgendwas Modernes auch brauche, nicht nur die alten Sachen. Aber Harry Styles ist einfach fantastisch, vor allem sein Stil, aber ich liebe auch seine Musik. Ich versteh auch nicht, warum im Internet das gerade so ein großes Ding ist, dass er nicht das „Album of the Year“ hätte gewinnen sollen – ich finde das voll ok.

Oskar Haag – The Summer We Need (Musikvideo)

Wie bist du zum Musik machen gekommen? Vor allem, weil – wie du gerade gesagt hast – das alles alleine machst?

Dadurch, dass meine Eltern in ihrem Beruf beide irgendwie mit Kunst zutun haben, hab ich das immer schon um mich gehabt. Dann hab ich mir als Kind ein Schlagzeug zu Weihnachten gewünscht, weil ich das irgendwo gesehen habe. Das war aber dann nach drei Tagen kaputt, weil ich die ganze Zeit so drauf herum gehämmert habe. Dann hab ich mir die Töpfe von meiner Mutter genommen und mir so Drumsets aufgebaut – darauf hab ich halt dann weiter gespielt und später 1,5 Jahre Schlagzeug Unterricht gehabt. Dann nach einiger Zeit hat sich mein Vater ein neues Keyboard gekauft und dann hab ich mich da hingesetzt und hab angefangen mir hin und wieder Sachen beizubringen – selber und durch Videos. 2019 hab ich mir eine Gitarre gewünscht und im Sommer hat mir mein Vater die ersten drei Akkorde gezeigt und den Rest hab ich mir dann halt irgendwie selber beigebracht.

Irgendwann sind dann die Fragen gekommen, auch durch die Beatles, wie entsteht so ein Song ? Wer schreibt so einen Song? Davor hab ich mir nie so Gedanken gemacht. Ein Song war halt einfach da für mich und dann habe ich mir gedacht: ich will nicht mehr Sachen von anderen Leuten spielen, ich will mal was alleine probieren. Dann hab ich zwei extrem schlechte Lieder geschrieben, die niemand je gehört hat – bis heute noch immer nicht. Dann hab ich mir gedacht: ‚ok das kann ich nicht und das ist ok‘, aber ein halbes Jahr später hab ich es dann nochmal probiert. Das war dann cool und hab ich dann meinen Freunden weitergeschickt. Seitdem hab ich dann jeden Tag Songs geschrieben.

Was möchtest du mit deiner Musik bei den Menschen auslösen? Gibt es etwas was du bewirken möchtest?

In aller erster Linie sollen die Leute einfach ganz viel fühlen, wenn sie meine Musik hören – was auch immer sie fühlen. Es gibt Lieder wo man einfach glücklicher danach ist oder wo man in absolutes Weinen ausbricht. Ich möchte Emotionen erwecken, das ist für mich selbst auch immer das schönste, wenn mich ein Song emotional so trifft und eben genau das will ich mit meiner Musik irgendwie schaffen.

Lady Sun & Mr. Moon (Musikvideo)

Woher kommt die Inspiration, so viel Emotion in die Texte zu stecken?

Ich mach das, was sich gut anfühlt, ich denk mir selten etwas dabei, wenn ich Texte schreibe. Klar sind Gedanken dabei, aber im Prinzip mach ich einfach das, was ich fühle oder schreibe das, was ich fühle. Ich schreibe auch nicht nur über eigene Erfahrungen, sondern versuche mich in andere Situationen reinzuversetzen und darüber zu schreiben und hoffe dann, dass es mir gelingt, die Gefühle anderer Leute auszudrücken… und dabei kommt dann sowas irgendwie zustande.

Wie würdest du deinen Weg bis jetzt beschreiben und und wo möchtest du noch unbedingt hin?

Bis jetzt war alles völlig absurd für mich. Im Endeffekt bin ich einfach nur ein Jugendlicher, der in seinem Zimmer Songs schreibt. Ich mach nur Sachen, die mir Spaß machen. Aber dass ich jetzt meine Wohnung davon bezahlen kann, ist schwer zu realisieren. Dass ich mit dem, was mir am meisten Spaß macht und was mir am meisten bedeutet auch so viele Menschen erreichen kann. Ich weiß auch gar nicht, wo das alles hingehen soll oder hingehen wird, aber ich bin auf alle Fälle gespannt, wo das hingehen wird. Ich sag immer: das Grundziel ist nur, davon leben zu können und ich hab nichts dagegen 50 Millionen monatliche Hörer:innen auf Spotify zu haben. Es ist nicht das Hauptziel, aber ich hätte natürlich nichts dagegen (lacht). Ich glaube ich werde immer irgendwie meinen Weg über die Musik finden können.

Hat Musik die Funktion dich woanders hinzubringen?

Ja auf jeden Fall, egal ob es jetzt bei Konzerten ist oder ob ich selber Musik anhöre oder Musik bei mir zuhause mache. Dadurch, dass ich eben bei mir zuhause Musik mache, kann ich mich manchmal 10 Minuten hinsetzen und wenn ich dann keine Lust mehr habe, dann ist das halt so und dann muss ich mich auch nicht zwingen weiterzumachen. Aber manchmal verliere ich mich drei/vier Stunden in dem Ganzen und da taucht man eben nur in das ein. Da liegt mein Handy irgendwo und das braucht keiner. Es gibt nur das, was ich mache und man checkt gar nicht, wie viel Zeit vergeht. Oft komme ich dann erst ein paar Stunden später drauf, wie viel Zeit gerade vergangen ist und oft fühlen sich dann 4 Stundeb wie 20 Minuten an.

Das ist ähnlich wie auf der Bühne bei Konzerten, da kann es nicht immer ganz gelingen, aber wenn’s gelingt, sind es die schönsten Konzerte überhaupt. Da ist man dann für die Stunde in einer anderen Welt. Das klingt immer so kitschig, ich weiß, denn bevor ich es selber erlebt habe und bei anderen Leuten gehört habe, habe ich mir auch immer gedacht: Jaja genau, ‚andere Welt‘. Aber es fühlt sich wirklich so an – sobald man die Bühne verlässt ist man wieder in der Realität Was dazu kommt: Ich spiele meine Konzerte meistens nicht nur für die Leute. Im Endeffekt spiele ich sie genau wie in meinem Zimmer. Der Unterschied ist halt, dass mir Menschen dabei zuschauen. Ich glaube, das gibt dem ganzen auch was Intimes… und wenn man sich darin verliert, fühlt sich das echt an wie in eine andere Welt abzutauchen.

Verwendest du die Musik um dich bewusst von der Welt, in der wir grade leben, abzulenken? Um Pause davon zu bekommen?

Also wenn es grad sehr stressig oder eine schwierige Zeit und alles viel zu viel ist, dann ist die Musik schon ein Ort für mich wo man hin flüchten kann.

Stargazing (Musikvideo)

Du bist zur Zeit auch für die Musik im Stück „Wie es euch gefällt“ im Wiener Burgtheater verantwortlich, wie ist es für dich bei einem Theaterstück mitzuwirken? Macht das für dich einen Unterschied ? Stehst du dann als musikmachende oder schauspielernde Person auf der Bühne?

Also das ist nicht das erste Theaterstück, in dem ich mitwirke. Dadurch, dass meine Mutter Kostüm- und Maskenbildnerin ist, habe ich das „Theaterding“ auch sehr viel um mich gehabt und durfte in einigen Theaterstücken mitwirken. Ich wollte immer schon Theater- und Filmmusik machen. Seitdem ich Musik mache war das ein Traum. Aber, dass das allererste, was dann hereinkommt, das Burgtheater ist, hätte ich nicht erwartet.

Wie kam es dazu?

Sie waren auf der Suche nach jungen Musiker:innen, die was Androgynes an sich haben und so sind sie auf mich gestoßen. Und da der Regisseurin wichtig war, die Musik in das Stück einzubinden, hat es gut gepasst. Ich bin schon als Schauspieler auf der Bühne, aber anders als die anderen Spielenden, weil ich auch die Funktion als Musiker habe. Also vom Gefühl ist es schon was anderes als ein Konzert zu spielen, durch die ganzen Auf- und Abgänge und die Unterbrechungen kann ich mich weniger reinfallen lassen als bei einem Konzert, was man am Stück spielen kann. Trotzdem macht es mir unglaublich viel Spaß, auch wenn mir die Musik immer bisschen mehr bedeutet.

Du spielst jetzt deine erste eigene Tour im März in Österreich, was erhoffst du dir davon, und worauf freust du dich am Meisten beim Live-spielen?

Ich freu mich eigentlich auf alles, ich glaub das wird sehr sehr schön! Ich hab keinen tau wie die Verkaufszahlen sind, weil ich mich davon nicht beirren lassen wollte. Werbung mache ich so oder so viel dafür und auf die Konzerte freu ich mich, ganz egal ob da jetzt 5 oder 200 Leute vor mir sind. Ich wünsche mir einfach, dass die Menschen ruhig sind und sich auf die Musik einlassen, denn wenn ich mit Gitarre spiele funktioniert meine Musik so einfach am besten. Deshalb haben wir die Locations auch bewusst so ausgewählt, das sie bestuhlt sind und ja, das wird alles einfach sehr schön!

Werden wir dich auch bald in Deutschland live sehen dürfen?

Ja auf alle Fälle! Darauf freue ich mich auch sehr.

Oskar Haag Live 2023

Bald ist Oskar Haag auch als Support für Birdy auf ihrer Deutschlandtour unterwegs.

26.03. – Köln, Carlswerk Victoria 
28.03. – Berlin, Tempodrom
30.03. – Wiesbaden, Schlachthof
01.04. – Stuttgart, Wagenhallen
03.04. – München, Theaterfabrik

Foto: Michelle Rassnitzer

Interview: Alina Trippl

Mehr zum Thema!