Casper & Kraftklub live
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Die neue Konzert-Awareness: Kein Platz für Diskriminierung

Immer mehr Künstler machen mit klaren Ansprachen deutlich, welches Verhalten sie auf ihren Konzerten missbilligen. Das könnte zu einem Wandel in der Konzertkultur und einem neuen Awareness-Denken führen.

Kraftklub, Casper, Feine Sahne Fischfilet – Sie alle haben es getan. Immer mehr Bands und Künstler rufen auf ihren Konzerten zu mehr Awareness auf. Und fordern von ihren Fans ein gutes Miteinander. Die Künstler wollen Diskriminierung, Übergriffe oder einfach rücksichtsloses Verhalten nicht mehr auf ihren Konzerten dulden und sprechen das ihren Fans gegenüber offen an.

In der Vergangenheit waren Konzerte oft ein Ort, an dem Frauen sich nicht sicher gefühlt haben. Sie sind mit Gewissheit zu Konzerten gegangen, dass sie angefasst werden könnten. In Moshpits für sie kein Platz ist. Der stärkere gewann. Und auch die Texte trieften oft vor diskriminierenden Zeilen.

Eine Band, die sich wohl nicht ganz freiwillig dem Thema widmet, ist die Politpunkrockband Feine Sahne Fischfilet. Die Jungs aus Mecklenburg-Vorpommern sind für Konzerte mit ordentlich Bums bekannt. Im Mai wurden Vorwürfe gegen den ehemaligen Lead-Sänger Jan Gorkow aka Monchi bekannt. Er soll seine Macht missbraucht haben, wobei es zu Übergriffen gekommen sein soll. Die Band widersprach den Vorwürfen und arbeitet seit dem Vorfall mit der Diversity Management-Agentur Same But Different zusammen. Da Ihnen bewusst sei, dass eine rein aus Männern bestehende Band problematisch sein könne.

Vor allem seit der Coronapandemie hat ein Umdenken eingesetzt. Nicht nur bei den Fans, die immer politischer werden, sondern auch bei den Künstlern. Politische Botschaften und Haltung sind wieder in. Das Umdenken erreicht jetzt auch die Musikindustrie, die sich zwar schon immer einen offenen Anstrich gab, Übergriffe waren dennoch keine Seltenheit.

Deshalb hat Kraftklub auf der Kargo Tour gezielt zu einem guten Miteinander aufgerufen. Fans sollten ein Auge aufeinander haben. Ob jemand angefasst wird, der Moshpit zu hart für jemanden war oder ob es einfach nur ein Schwächeanfall ging, der früh genug von den anderen Konzertbesuchern erkannt werden solle.

„Die Welt ist derzeit kein sicherer Ort. Aber unser Konzert soll einer sein. Wir wollen einen Safeplace schaffen“, kündigte Felix Kummer nicht nur während des Abschlusskonzertes in Düsseldorf an. Er machte die Fans mit der Security bekannt und sprach auch Konsequenzen aus, die einem erwarteten, wenn ein Vorfall bekannt werden würde. Der sofortige Rausschmiss aus der Location. „Platz machen, durchlassen, fragen: Alles ok?“, lautete die Devise.

Doch die Indie-Rockband Kraftklub aus Chemnitz, die regelmäßig mit gesellschaftspolitischen Stellungnahmen auf sich aufmerksam macht, ist nicht die einzige Band. Casper ging auf seiner „Alles war schön, nichts tat weh“-Tour noch einen Schritt weiter. Er appellierte an die Werte seiner Fans und sendete politische Botschaften über die Leinwand. Er will den Safeplace seines Konzertes direkt auf die ganze Welt ausweiten – so scheint es.

In großen weißen Lettern flimmerte nicht nur der Slogan „Woman, Life, Freedom“ über den schwarzen Hintergrund, sondern auch ein Appell für Frieden und die baldige Beendigung des Ukrainekriegs und eine Auflistung von verschiedenen Nummern unter denen Fans psychologische Hilfe bekommen können.

Kleine Gesten mit großer Wirkung: Dadurch das Stars ihren Fans Awareness vorleben und so in mehrfacher Hinsicht zu Vorbildern werden, können Stigmatisierungen eingedämmt werden.

Fotos: Philipp Gladsome / Thomas Rabsch
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