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Schatzi im Interview über ihre Debüt-EP „Animalia Parc“, das Konzept Band und warum sie Pop-Antagonisten sind

Ein Name der kitschiger nicht sein könnte, aber Musik, bei der sich vor Unterkühlung eine Eisschicht bildet. Julian (Gesang, Text), Jeremias (Text, Produktion) und Yannik (Bass, Gitarre) – das sind „Schatzi“. Die Newcomer releasen am 23. Oktober ihre Debüt-EP „Animalia Parc“. Wir haben sie in Kreuzberg zum Interview getroffen und wollen wissen, welcher künstlerische Anspruch hinter diesem „Rebirth of the cool“ steckt.

Niklas: Ihr seid ja wirklich noch Newcomer in der Szene. Wie habt ihr zusammengefunden?

Julian: Uns gibt es seit 2018. Wir kommen alle aus demselben Ort und man kannte sich schon länger – hat sich gegenseitig abgecheckt. Dann gab es so einen Schlüsselmoment, bei dem wir uns für einen sau albernen Bandwettbewerb gegründet haben.

Niklas: Also so wie der Kiddy-Contest?

Julian: Ja, so ähnlich – auch gar nicht mit der Absicht, dort irgendetwas gewinnen zu wollen. Wir wollten eher die 50 Euro, die man als Aufwandsentschädigung bekommt und dafür schreiben wir dann Songs. Die Frist wurde dann mehrfach verlängert, weil sich wohl niemand angemeldet hat. Schlussendlich endete es aber in einer Disqualifikation von uns, weil wir die halbe Stunde Stagetime nicht füllen konnten.

Yannik: Wir fanden das ganze Konzept irgendwie nervig. Wir haben zwei Monate vorher angefangen zu schreiben. Dementsprechend hatten wir nicht wirklich etwas, was wir dort präsentieren konnten.

Jeremias: Es war auch ein Mittelfinger an das Konzept „Band“.

Wie seht ihr denn das Konzept „Band“?

Jeremias: Ich glaube es ist einfach nicht so interessant und veraltet. Zu Beginn unserer Zusammenarbeit haben wir uns erstmal überlegt, was wir alles nicht sein wollen. Darüber haben uns positioniert.

Yannik: Dem ist auch eine lange konzeptionelle Phase vorausgegangen. Wir drei mit unseren beiden Videoproduzenten Jan Lehmann und Niclas Moos, die zum Schatzi-Kollektiv dazugehören. Dabei haben wir uns genau überlegt, wer wir sein wollen und wer nicht.

Wer wollt ihr denn nicht sein?

Julian: Wir sind null irgendeine Proberaum-Band. Wir stehen nicht die ganze Zeit an unseren Instrumenten und musizieren vor uns her. Man will es möglichst neu und interessant machen.

Jeremias: Man ist auch nicht so hyper-authentisch. Wir machen ein gut überlegtes Musikprodukt am Ende des Tages. Schatzi steht dafür, geschärfte Songs zu produzieren und nicht so einen verwässerten 2020-Scheiß, wo man alles unterbringen will, aber nichts dabei rumkommt. Wichtig ist, dass wir nicht dieses Ego-Ding fahren, man ist eben nicht der Solo-Instrumentalist, das ist nicht so interessant.

Wenn ihr als „Schatzi“ auftretet, seid ihr dann Kunstfiguren oder seid ihr schon Jeremias, Yannik und Julian?

Jeremias: Es ist schon authentisch in unserem Haben. Die Authentizität ist dann an der Stelle, dass wir vielleicht die etwas unterkühlten, überlegten Typen sind. Aber es ist nicht künstlich.

Julian: Natürlich nimmt man irgendeine Art von Rolle an, aber die ist schon sehr nah an einem dran. Man macht sich nicht zum Clown oder entwickelt etwas, was komplett von einem weg ist.

Ihr zieht viele eurer Referenzen aus der Popkultur. Könnt ihr das etwas weiter ausdifferenzieren, was da alles dazugehört?

Jeremias: Es geht viel um Film, was man auch an unseren Videos sieht. Querbeet alles, was an kulturell spannenden Dingen passiert. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir Internetkids sind, deshalb ist die Menge an Dingen, die man aufnehmen kann sehr viel breiter und ungefilterter, als zu der Zeit vorm Internet. So wird es viel mehr zu einem Durcheinander an Einflüssen, das es aber total spannend macht.

Julian: Wenn man sich im Internet bewegt kennt man viele der Blasen, die dort existieren. Da ist es umso spannender, wenn man sich nicht nur auf eine begrenzt, sondern links und rechts schaut, wo man was herzieht.

Wenn ihr jetzt mal auf eure anstehende Debüt-EP „Animalia Parc“ schaut, könnt ihr ein paar Leitmotive herauskristallisieren, die sich durch die EP und durch eure Kunst ziehen?

Jeremias: Da können wir vielleicht mal über diesen Ort „Animalia Parc“ sprechen. Wir waren in Frankreich und haben in der Nähe von Bordeaux Songs geschrieben – Mitten im Nirgendwo. Überall waren immer riesige Schilder auf denen stand „Animalia Parc“, die immer auf einen Tierpark hingedeutet haben. Dieser Park ist ein totales Mysterium – wir waren da selber nie. Wie wir wissen, ist dieser Park für den Ort eine Attraktion, aber so richtig spannend ist er auch nicht. Das ist das Grundgefühl dieser EP, wo die Songs stattfinden.
Auch das Auto, taucht immer wieder auf. Man fährt irgendwo hin und weiß nicht, wo man ankommt. Man sitzt in diesem kleinen Mobil, was sich bewegt in einer Welt drumherum.

Ein weiteres Motiv, das sich viel auf „Animalia Parc“ wiederfindet ist das Feuer…

Yannik: Wir legen uns vorher eigentlich auf keine Motive fest. Auch dieses Automotiv hat sich irgendwann ergeben und sich zufällig wiederholt in diesem Rahmen. Die Writing Session, die den Rahmen bildet, ist auch irgendwie auf uns zugekommen, weil unsere Tante (Anm. d. Red. Yannik und Jeremias sind Brüder) dort ein großes Haus hat, was zeitweise leer stand.

Julian: Ich glaube das ist auch so das Ding. Obwohl wir vorher viel konzeptualisieren ist das eigentliche Schreiben und Musikmachen ziemlich intuitiv. Genauso ist es mit dem Feuer als Motiv auf der EP, es kommt immer wieder vor, aber in unterschiedlichen Bedeutungen.

Wenn man sich mal euren Bandnamen vor Augen führt, so klingt der phonetisch bereits viel kitschiger, als die Musik, die ihr letztlich macht…

Jeremias: Auch hier ist es der geschärfte Blick von uns gewesen bei der Konzeption. Der Name „Schatzi“ ist uns etwas über die Füße gestolpert. Es war aber schnell klar, dass das gut funktioniert für uns.

Yannik: Ich denke es polarisiert total. Entweder man findet ihn cool, weil er total damit bricht, was man sich vielleicht vorstellt oder man findet es halt scheiße.

Julian: Dieses polarisieren ist sehr stark darin. Ich kann mir vorstellen, dass Leute sich denken, wenn sie das erste Mal diesen Namen sehen: „Das will ich niemals hören, weil es nicht cool ist.“ Dabei ist es eigentlich total cool, sich genau davon frei zu machen.

„Hab dein Herz im Handschuhfach, entsichert und geladen“, singt ihr auf „Glock“, wo ihr mit der „Bonnie & Clyde“-Ästhetik spielt. Sind Gefühle eine Waffe für euch?

Julian: Vielleicht schwingt das mit. Es ist interessant, wenn man Sachen schreibt und Text „passiert“, der eine Bedeutung entwickelt, die man vielleicht in dem Moment ganz anders gedacht hat. Wenn es dann dort steht, hat es auf einmal mehr Bedeutung.

Yannik: Es war auch gar nicht die Absicht, solch einen Song zu machen. Die „Bonnie & Clyde“-Assoziation liegt natürlich auch mit dem Kontext des Videos nahe. Interessant ist dabei, dass die Videos alle deutlich nach Fertigstellung der EP und der Singleauswahl gedreht wurden, sodass selbst das wiederum einen Einfluss auf das Videokonzept hatte.

Julian: Der „Bonnie & Clyde“-Mythos ist ja eigentlich sehr spannend, aber auch sehr tot. Es gibt 100.000 Songs, in denen es genau darum geht, die meistens auch noch genau so heißen. Unser Ansatz war: Wie kann man einen solchen Song machen und dieses „Bonnie & Clyde“-Gefühl rüberbringen, ohne selbst etwas damit am Hut zu haben. Dieser Gedanke schwingt bei dem Song die ganze Zeit mit, man muss ihn nicht aussprechen.

Ihr habt immer wieder durchklingen lassen, dass ihr eine Art Gegenentwurf, ein Pop-Antagonist sein wollt. Wenn ihr mal links und rechts in dieser musikökonomischen Bubble schaut, wo findet ihr euch da wieder?

Julian: Wir sind irgendwo und da, wo es uns gut tut. Im besten Sinne sind wir gerade einsam.

Foto: Jan Lehmann

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