Pressefoto von Pabst
Interviews

[Interview] Auf eine Feuerwehr mit Pabst

„Pabst, warum heißt ihr eigentlich, wie ihr heißt?“ Haben wir natürlich nicht gefragt! Wer Pabst kennt, weiß, der Namensgeber der Band ist nichts geringeres als die amerikanische Version des Sternis: Pabst Blue Ribbon. Auf dem Jenseits von Millionen Festival haben wir uns deswegen mit Erik, Tilman und Tore getroffen, um in der Friedländer Burgschänke ein alkoholhaltiges Kaltgetränk zu uns zu nehmen, von dem eigentlich keiner so genau weiß, was es ist: Die Feuerwehr. Außerdem haben wir über Zuchtbullen, Gender-Gaps und Bademeister gesprochen.

Nina: Wer seine Band nach einem Bier benennt, der weiß anscheinend, was gut ist. Deswegen dachten wir, wir führen euch heute mal an eine Friedländer Spezialität heran.

Erik: Ja, Prost!

Tore: Ist geil!

Tilman: Kann was! Wir haben uns schon gefragt, ob die Frage zu unserem Namen wieder kommt. Geil, dass ihr die mal vorweggenommen habt.

Nina: Wir dachten uns schon, dass euch die Frage langweilt. Wir hätten da auch noch eine alternative Antwort für euch in der Hinterhand. Ist eigentlich ganz einfach. Wenn man euren Namen googelt ist das der erste Eintrag bei Wikipedia…

Tore: Oh warte, das ist das Speibecken, oder?

Tilman: Dann habt ihr aber noch nicht das Beste gehört. Es gab mal einen Zuchtbullen in Schleswig Holstein, der für die Vermehrung einer bestimmten Rasse zuständig war. Und der war halt einfach ein Superstar. Und hieß Pabst.

Erik: Ne, der eigentliche Grund warum wir uns so genannt haben ist ein Hund, der so heißt und 2009 mal zum hässlichsten Hund der Welt gewählt wurde. (holt sein Handy raus und zeigt uns das Bild) Boah eigentlich ist der voll süß!

Tilman: Ja, dann ist die Sache um unseren Namen ja endlich mal geklärt! Das ist jetzt festgelegt.

Nina: Cool, dann wissen wir jetzt, warum ihr so heißt, wie ihr heißt und kommen zu einem anderen Thema. Euer Album heißt Chlorine, ein Song auf dem Album heißt Waterslide und in dem Video dazu spielt ihr drei Bademeister. Steckt da irgendeine Fazination für Wasser und Schwimmbäder hinter?

Erik: Nein, eigentlich ist das echt nur Zufall.

Tilman: Das war irgendwie eine Fünf Minuten-Idee. Im Song Waterslide geht’s ja nichtmal um Wasser eigentlich. Aber wir haben uns einfach gedacht: „Lass das mal in ’nem Schwimmbad machen“.

Nina: Ihr habt in dem Zusammenhang mal gesagt, ihr wärt dem Beruf des Bademeisters generell nicht abgeneigt. Was würdet ihr machen, wenn ihr nicht Musik machen würdet?

Tilman: In irgendeiner Weise machen wir alle auch noch was anderes, weil man es sich einfach nicht leisten kann, einfach nur Musik zu machen. Ich studiere und arbeite nebenbei in einem Studentenjob.

Tore: Ich studiere auch.

Erik: Ich bin eigentlich studierter Lehrer. Momentan mach ich aber Grafikdesign und verdiene damit mein Geld.

Nina: Könnt ihr euch vorstellen, irgendwann mal in den Berufen zu arbeiten, die ihr studiert oder studiert habt?

Tilman: Ich studiere Musik, also ja. (lacht)

Nina: Erik, du designst auch viel für andere Künstler, unter anderem Roosevelt und Drangsal. Machst du für Pabst auch die Designs?

Erik: Ja, schon ein paar Sachen. Die Cover waren bisher nie von mir, aber Merch mach ich schon für uns. Sonst aber viel für andere Künstler.

Nina: Ihr seid ja generell sehr verwurzelt in der Berliner Musikszene. Erik, du warst zuletzt mit BLVTH auf Tour und spielst auch in seinem Video mit. Was denkt ihr, sind die Vorteile daran, so gut vernetzt zu sein? War das vielleicht für den Release von eurem Album förderlich?

Erik: Das Album ging bestimmt irgendwie unter den Leuten rum, aber ich habe es nicht extra anderen Künstlern vorgespielt oder so. Privat habe ich auch eher mit Rappern zu tun, das macht dann irgendwie nicht viel Sinn. Die sagen dann halt: „Joa, cool“, aber sich da irgendwas zu erhoffen macht in dem Fall keinen Sinn. Wir haben das dann eher über den klassischen Weg, also über PR gemacht.

Tilman: Klar, man kann die Vorteile da aber auch nicht außer Acht lassen. Wir haben in letzter Zeit viele Leute kennengelernt, mit denen wir dann auch zusammenarbeiten. Das kommt natürlich dann durch ein gewisses Netzwerk.

Nina: Ihr sagt ja schon, dass ihr allgemein auch mehr mit Rappern zu tun habt und generell passen Berlin und Rockmusik heutzutage auch nicht mehr so richtig zusammen, weil sich fast alles um elektronische Musik dreht. Wie seid ihr darauf gekommen genau jetzt die Band zu gründen?

Tore: Ich glaub, das hat gar nicht mal was mit der Zeit zu tun, in der wir gerade leben. Das war einfach ein intrinsischer Entschluss, weil wir Bock darauf hatten.

Erik: Eigentlich haben wir uns einfach nur zum Musik machen getroffen und irgendwie ging’s dann relativ schnell auch los, aber das war nicht wirklich geplant. Wir haben auf jeden Fall nicht daran gedacht, dass das jetzt gerade etwas ist, was man machen müsste, um erfolgreich zu sein. Wir haben auch überhaupt nicht erwartet, dass da irgendwas draus entsteht. Es gibt aber schon auch coole Rockmusik in Berlin – die ist allerdings meistens nicht von Berlinern gemacht, sondern von Zugezogenen. Viel geiles Zeug kommt zum Beispiel von Amerikanern, Isrealis oder Franzosen, die in Berlin leben.

Nina: Vermisst ihr die Zeiten von Rock- und Indieparties in Berlin?

Alle: Definitiv!

Tilman: Das war ’ne gute Zeit! Das ist, glaube ich, so der kleinste gemeinsame Nenner, wo wir uns alle drei verorten. Wir kommen zwar alle aus Berlin, sind aber nicht zusammen aufgewachsen. Aber irgendwie haben wir uns dadurch alle „in unserem vorigen Leben“ schon getroffen.

Erik: Als wir noch Lamas waren!?

Tilman: Naja, bevor wir die Band gegründet haben. Auf solchen Parties sind wir uns bestimmt schonmal über den Weg gelaufen, weil alle halt Indie-Musik gehört haben. Kennt ihr noch den Bang Bang Club? Das sind wir uns wahrscheinlich ohne es zu wissen öfter mal über den Weg gelaufen.

Nina: Gute Indie Parties gibt es ja leider nur noch selten in Berlin. Habt ihr alternativ einen Tipp für einen ordentlichen Kneipen-Abend?

Erik: Die Quelle!

Tilman: Oder die Oase. Das sind beides so Altberliner Kneipen.

Erik: In Neukölln gibt’s auch ein paar ganz coole Sachen, die leider aber immer sehr voll sind. Ich bin aber eher so der Späti-Trinker muss ich sagen.

Tilman: Irgendwo versacken birgt aber immer die Gefahr, dass man am nächsten Tag mit dem größten Schädel seines Lebens aufwacht. Deshalb ist es immer geil, einfach irgendwo rumzulaufen.

Erik: Es gibt echt viele gute Spots in Berlin. Aber die Hauptsache ist, dass man mit den richtigen Leuten unterwegs ist. Ich war früher echt oft im „Kleinen Moritz“, da gibt’s ’ne Jukebox, die man selber bedienen kann.

Nina: Ansonsten geht aber auch immer Radio 91,4 in der Eckkneipe, oder?

Tilman: Warte mal, das ist doch dieser Achtziger-Sender, oder? Einer der Top 3-Radiosender, definitiv!

Tore: Ich find den geil!

Erik: Naja, im „Kleinen Moritz“ läuft halt gar keine Musik, es sei denn man bedient die Jukebox. Da sind nur Hits drauf!

Nina: Welchen Song legst du auf, wenn du da bist?

Erik: Da muss man durchflippen. Dune mit Hardcore Vibes ist geil. Ansonsten irgendwas aus den Siebzigern. Oder Elvis.. oder New Order!

Nina: Cool, dann kommen wir von den Eckkneipen mal zu ein paar ernsteren Themen. Ihr habt auf dem Kosmos Chemnitz gespielt dieses Jahr. Ist es euch wichtig, euch politisch zu positionieren?

Erik: Ja, ich glaube das sollte mittlerweile auch echt selbstverständlich sein. Wenn man Rassimsus und Hetze ignoriert, dann ist irgendwas verkehrt.

Tilman: Es ist heutzutage auf jeden Fall wichtig da eine Haltung einzunehmen. Ich glaube, man muss da keine mega globalen Sachen thematisieren, die einen selber nicht berühren, aber wenn es darum geht, dass in Brandenburg, Thüringen oder Sachsen die AfD kurz davor steht, die größte Macht zu sein, dann kann man da auf jeden Fall Haltung zeigen.

Nina: Und wie sieht es aus mit der Gendergap aus, die ja auch im Jahr 2019 leider auch noch die Mehrheit der Festival Line-Ups betrifft. Beschäftigt ihr euch im Voraus mit solchen Themen, bevor ihr auf einem Festival spielt?

Erik: Ja, letztes Jahr haben wir auf dem Rocken am Brocken gespielt. Da haben INVSN gespielt. Das sind zwei Frauen und drei Männer und der Sänger hat dann auf der Bühne angemerkt, dass sie die einzige weiblich-besetzte Band auf dem Festival sind. Fand ich richtig krass. Seitdem fällt uns das auch noch mehr auf. Es gibt bestimmte Festivals, die scheißen da auch einfach drauf.

Tilman: Bis vor kurzem war das ja auch immer mit einer Quote verbunden, dass man weibliche Musikerinnen dazu bucht, aber mittlweile ist das doch eigentlich überhaupt kein Problem mehr.

Erik: Wir haben aus unserer Berlin-Show im Juni selber auch ein ganz kleines Festival gemacht und haben beim Booking bewusst darauf geachtet, dass da mit Mia Morgan und Diva Heaven nicht nur Typen auf der Bühne stehen.

Tilman: In einer normalen Welt müsste man sich über sowas auch gar keine Gedanken machen, dass da alle möglichen Facetten abgebildet sind. Aber da ist man halt noch lange nicht angekommen, deshalb muss man sich da immernoch aktiv mit beschäftigen… Aber das sagen halt wir: Drei weiße Typen, also quasi eure Average Male Rockband. So ist es natürlich auch, aber natürlich sollte man sich da Gedanken drüber machen und das vor allem ernst nehmen und forcieren, dass ein Wandel stattfinden kann.

Erik: Man kann die Männerquote in Festival Line-Ups auch mittlerweile nicht mehr mit dem Argument begründen, dass Tickets verkauft werden müssen. Es gibt große Festivals in Deutschland, da geht es nur um Kohle und die scheißen dann halt drauf.

Tilman: Ich glaube die wollen auch möglich wenig Reibung dann haben.

Tore: Aber dadurch wird ja gerade Reibung erschaffen, wenn dann echt mal jemand kommt und sagt: „Ey Leute, in eurem Line-Up gibt’s genau zwei weibliche Acts. Das ist scheiße“.

Erik: Aber ich glaube diese riesigen kommerziellen Festivals gehen einfach danach, wer gerade am meisten Ticketverkäufe reinholt. Das ist aber bei anderen Musikrichtungen auch anders. Im elektronischen Bereich war das gefühlt nie ein Problem. Aber in der Rockmusik ist es halt leider immernoch so: Wenn du verkaufen willst, dann ist der Headliner nicht HAIM… sondern Kings of Leon.

Nina: Ich find’s gut, dass ihr euch mit den Themen auseinandersetzt, obwohl ihr, wie ihr selber sagt, alle Privilegien genießen könnt. Zum Abschluss aber noch was Positives: Was war bisher euer Highlight als Band?

Erik: Unser Tourabschluss in Berlin war mega! Und HillChill, ein Festival in der Schweiz. Es gab zwei Bühnen, vor denen jeweils nur ca. fünf Leute vorstanden und wir dachten uns nur: „Ok, wir ziehen das jetzt hier einfach durch, auch wenn da keiner vor der Bühne steht“. Wir haben als letzte Band gespielt und als wir auf die Bühne kamen, standen da plötzlich 2000 Leute, die alle richtig Bock auf Party hatten. Ich glaub das war unser geilstes Festival bisher.

Nina: Das wird bei eurem Auftritt heute Abend nicht anders sein. Vielen Dank für eure Zeit!

 

(Foto: Constantin Timm)

Mehr zum Thema!