Conny Pressefoto
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Mit „Für immer temporär“ liefert CONNY vier Liebesgeschichten aus unterschiedlichen zeitlichen Brillen

Mit seiner „Für immer temporär“ EP veröffentlichte der Kölner Rapper Conny am Freitag vier Songs, die von Liebe erzählen – alle aus unterschiedlichen zeitlichen Perspektiven. Er hat es sich bislang zur Aufgabe gemacht, seinen eigenen Beitrag zum aktuellen feministischen Diskurs als Ally beizutragen. Gekonnt lässt er dies auch hier mit einfließen.

Kaum ein anderer cis-männlicher Rapper spricht so offen über Themen wie Geschlechterrollen, Feminismus, kritische Männlichkeit wie Conny. Gleichzeitig verfolgt er den Anspruch, selbst einen Beitrag dazu zu leisten und seiner Verantwortung als cis-Mann gerecht zu werden, nicht nur, indem er eben offen über entsprechende Themen kommuniziert, sondern auch indem er intern in einem möglichst paritätisch besetzten Team zu arbeiten.

Nach dem zweiten Teil seiner „Manic Pixie Dream Boy“ Reihe im letzten Jahr, folgt nun seine neue „Für immer temporär“ EP. Darauf erzählt er vier Geschichten von Liebe: Wie der Name schon verrät, geht es in „4 Minuten“ darum, wie schnelllebig (auch) unsere Liebeswelt heutzutage war. Was früher ein gut durchdachter Liebesbrief war, ist heute eine kurze Sprachnachricht – in kürzester Zeit kann man jemandem die Liebe gestehen oder eben das Herz brechen. „52 Sonntage“ nimmt eine Liebesgeschichte unter die Lupe, die ein Jahr lang geht. Davon vier Sonntage heimliche Treffen, acht Sonntage Vermissen, 12 Sonntage Streit – all diese Dinge lassen schon das Ende vermuten: Nach insgesamt 52 Sonntagen ist es aus. Conny fesselt die Zuhörer:innen mit spielerischen Lyrics, beleuchtet die Liebe aus unterschiedlichen zeitlichen Maßen, ordnet sie damit ein in unterschiedliche Kontexte.

Conny – 4 Minuten (Lyric Video)

In „Superkraft“ geht es darum, wie schnell man in Schlaflosigkeit rutschen kann, wenn eine gewisse Person einen zum Grübeln bringt. Während das Schnell-und-Überall-Einschlafen einst zur Superkraft zählte, hat es sich nun zur Schwäche gewandelt. „Fürdichwürdich“ erinnert wieder daran, dass Connys Musik immer auch etwas gesellschaftskritisches mit sich bringt. Er reflekiert sein Aufwachsen als cis-Mann selbstkritisch und wie er in seiner Jugend dachte, er müsste alles hassen, was feminin und schwach ist – etwas, das für ihn zum Selbsthass führte. Davon verabschiedet er sich und kritisiert diese Art von Männlichkeit „Ich will keiner mehr von diesen Männern sein / Und keinen Zentimeter mehr von eurer Männlichkeit / Männer die bei 120 aus der Karre springen / Ganz genau so Typen hab‘ ich angehimmelt“. Es erhebt keinen Zeigefinger, sondern betont seinen eigenen Entwicklungsprozess und seine eigene Rolle in unserer Gesellschaft.

Conny – Fürdichwürdich (Vevo Session)

Was Conny Musik so interessant macht, ist dass er den Spagat zwischen Gesellschaftskritik und Identifizierbarkeit schafft – seine Songs auf „Für immer temporär“ lassen wohl einen großen Teil der Zuhörer:innen mitfühlen und regen gleichzeitig zum Nachdenken an: Sei es die Schnelllebigkeit durch die Digitalisierung oder toxisch-männliche Prägungen. „Für immer temporär“ ist kurzweilig, catchy und hinterlässt gleichzeitig Spuren.

Foto: Niels Freidel
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