Die Münchener Band Matija im Interview über Kunst, höhere Instanzen und das digtale Zeitalter
Die Münchener Indie-Darlings Matija stehen kurz vor ihrer zweiten Albumveröffenltlichung. Nachdem sie vor drei Jahren ihr Debütalbum veröffentlichten, haben sie ihren Sound um weitere Elemente aus Klassik, Pop, French House und Hip Hop verfeinert. Im Interview erzählt Bandkopf Matija von Kunst, höheren Instanzen und dem digitalen Zeitalter.
Euer Album “byebyeskiesofyesterday” erscheint im Oktober. In der teils französischsprachigen Single “troiskilometres” erzählt ihr von einer fiktiven Reise des Unterbewusstseins durch die Vergangenheit, die Zukunft, durch Ängste und durch zwischenmenschliche Beziehungen. Wie viel von euren persönlichen Erfahrungen steckt in euren Songs?
Fast alle unserer Songs basieren auf persönlichen Erfahrungen. Auf unserem neuen Album reflektieren wir die positiven und negativen Ereignisse der Zeit seit unserem ersten Album, analysieren Beziehungen, persönliche- sowie Band Erlebnisse diverser Art. Es ist ein Rückblick auf Krisen, unfassbare Momente purer Freude und auf die Veränderung von uns selbst als Menschen. Trois Kilometres ist eine Betrachtung meines Unterbewusstseins, eine Zusammenschnitt verschiedener Träume, die ich in letzter Zeit immer wieder hatte, beeinflusst durch die Geschehnisse um mich herum.
MATIJA – TROISKILOMETRES
Matija, du schreibst den Großteil aller Songs. Woher nimmst du generell deine Inspiration für Texte und Musik?
Ich schreibe zwar einige Songs, den Großteil schreiben wir allerdings zusammen, als Band. Meine Inspiration für meinen Teil an der Musik und am Text hole ich mir aus diversen Bereichen, die alle unter dem Begriff „Kunst“ zu vereinen sind. Archtitektur, Literatur, Malerei, Kulinarik, natürlich andere Musik, alle diese Dinge haben so einen großen Einfluss auf mein Gemüt und meine Stimmung. Alle diese Eindrücke dirigieren meine Seele und somit auch meine Hand, wenn ich schreibe. Und natürlich die Menschen um mich herum, die diese Eindrücke mit mir teilen oder eine wichtige Rolle in meinem Leben spielen.
Woraus lassen sich die besseren Songs schreiben: Positive oder negative Erfahrungen?
Aus negativen Erfahrungen, da man einen Drang verpürt, sich Abhilfe zu verschaffen. Man sucht eine Weg der Befreiung vom Schmerz und von der Melancholie und findet sie in der Erschaffung von Kunst. Man kanalisiert das Negative und packt es in ein Medium, was diese Emotionen für dich aufbewahrt, so dass du sie nicht ständig mit dir selbst rumschleppen musst. Positive Dinge hingegen sind einfach von sich aus gut, man muss sich damit nicht zusätzlich auseinander setzen, sondern kann sie einfach genießen und muss nichts aufarbeiten. Allerdings dienen auch sie als Grundlage für wunderbare Kunst, denn die Grundlage für Kunst im Allgemeinen sind natürlich Emotionen und meine Meinung dazu nur eine von vielen.
MATIJA – SADDAYSINTHECITY
2020 in ist in jeglicher Hinsicht, vor allem für Künstler, ein schwieriges Jahr. Ihr seid hauptberuflich Musiker. Hat euch die Corona-Krise eure Berufswahl je anzweifeln lassen?
Ganz im Gegenteil. Sie hat uns noch mehr gezeigt, wie sehr wir das was wir tun, lieben und schätzen. Als wir Musiker wurden, wussten wir, es wird nicht leicht. Wir wussten, dass unsere Klassenkameraden bald eine Familie, ein Haus, ein geregeltes Einkommen haben werden und wir eventuell für lange Zeit in Unsicherheit leben müssen. Aber dann kommt eine Krise wie Corona und plötzlich sitzen alle im selben Boot. Ich habe verstanden, dass egal was man im Leben macht, es dir jederzeit durch eine höhere Instanz genommen werden kann. Und dadurch kam die Schlussfolgerung: Für welchen Weg auch immer man sich entscheidet, ob Anwalt, Musiker, Lehrer oder Getränkeladen-Besitzer, man muss das machen, was das Herz einem sagt und was die Seele wirklich leben lässt. Und wir sind nunmal Musiker. Und das ist unser Beruf.
Wie seid ihr in kreativer Hinsicht mit der Zeit des Lockdowns umgegangen? Konntet ihr kreativ werden oder war der Lockdown auch für eure Kreativität ein Bummer?
Außer, dass wir unsere Tour verlegen mussten, kam der Lockdown sehr gelegen. Wir haben von zuhause aus Samples hin und her geschickt, Texte abgeglichen, Songs in akustischen Varianten hin und her versandt. Kurz gefasst: Am Album gefeilt. Und zwar en detail. Als der Lockdown gelockert wurde, konnten wir direkt im Studio richtig Gas geben und waren voller Ideen. Da im April und Mai natürlich immer noch nicht alles normal war, verbrachten wir die meiste Zeit im Studio und fokussierten uns darauf, das best mögliche Resultat zu erzielen, was wir mit der Platte erzielen können. Und ich glaube wir sind von unserer Seite aus nicht gescheitert.
Was nehmt ihr aus der Corona-/Quarantänezeit für euch als Band mit?
Das wir jedes Konzert, jedes Festival, jede Raststätten-Kaffee-Pause genießen müssen. Denn nichts ist selbstverständlich und plötzlich ist alles weg. Und du denkst dir: „Wie in aller Welt konnte Ich mich vorgestern noch aufregen, dass nur 400 Leute anstatt 600 bei der Show waren?“ Denn ehe du dich versiehst, dürfen grade mal noch 20 rein…
MATIJA – ABSOLUTELYNOTHING(TODAY)
Ihr seid im digitalen Zeitalter aufgewachsen, in dem das Digitale oft das Zwischenmenschliche ersetzt. Inwiefern seht ihr den digitalen Fortschritt als Fluch, wann als Segen?
Wir sehen den digitalen Fortschritt als Segen im Sinne der Kommunikation mit unseren Fans, von denen es inzwischen auch manche in anderen Kontinenten gibt und zugunsten der Verbreitung unsere Musik im Netz. Streaming-Plattformen erschaffen durch Playlisten Chancen, dass dein Song plötzlich weltweit gehört wird, fast jeder Mensch auf dieser Welt hat theoretisch Zugang zu deinem Produkt. Fluch und Kehrseite ist das Überangebot, was Hand in Hand mit dem digitalen Fortschritt geht, da es einfach von allem plötzlich alles gibt, alles ist rund um die Uhr verfügbar. Man bekommt nur noch eine sehr kleine Aufmerksamkeitsspanne geschenkt, man muss schneller überzeugen als früher.
Was können wir von euch in nächster Zeit neben dem Album erwarten?
Dass wir, so es der Corona Gott und unsere Regierung will, Anfang 2021 auf unsere bisher größte Tour gehen werden, die „byebyeskiesofyesterday Tour“ und dass wir bereits an neuem Material arbeiten, da wir momentan ein Kreativ-Hoch erleben.
Ihr habt schon mit Bands wie The 1975, Catfish and the Bottlemen und Wanda auf der Bühne gestanden. Wenn es einen Act gäbe – egal welchen – mit wem würdet ihr euch gern eine Bühne teilen?
Wir wären tatsächlich unfassbar gerne nochmal im Vorprogramm für The 1975.
Ihr habt in der Schule als Coverband angefangen. Welche Band sollte mal von euch einen Song covern?
Kraftklub, definitiv und zwar den Song 5th Avenue, muss nur noch ins Deutsche übersetzt werden.
Was war bislang euer bestes Live-Erlebnis?
Unser Auftritt auf dem MS Dockville Festival in Hamburg, wo auf der selben Bühne ein paar Slots später die Parcels einen unfassbaren Abriss hinlegten.
Foto: Hieronymus Josh