Pressefoto von Goldroger
Interviews

Goldroger im Interview über sein neues Tape

Diskman Antishock II

Der Kölner Rapper hat im letzten November den ersten Teil zu Diskman Antishock veröffentlicht und darauf folgt nun am 8.5 der zweite. Nachdem der Feuillton-Liebling durch sein Konzeptalbum Avrakadavra 2016 immer mehr in die Mitte der Rap-Journalistischen Berichterstattung gerückt ist, veröffentlicht er nun mit der Diskman Antishock Reihe ein ungebundeneres Tape. Goldroger steht für Mehrdimensionalität in seinen Texten und den Beatstrukturen, welche von Dienst & Schulter executive produced werden. Doch mehr dazu jetzt hier in unserem Gespräch!

Ich bin bei meiner Recherche auf eine Art „Gründungsmythos“ von Avrakadvra gestoßen…

Goldroger: Ursprünglich sollte Avra von elektronischeren Sounds geprägt sein. Ich bin damals mit Dienst & Schulter und Mogli in die Eifel gefahren, um das Album zu produzieren. Doch dann haben wir so eine Platte aus den 60ern gesamplet und damit war der ganze ursprüngliche Plan eigentlich über den Haufen geworfen, als ich meinte, dass wir jetzt eine etwas Beatles-inspirierte Platte machen. Ich weiß noch, dass Mogli das damals gar nicht so geil fand, weil das überhaupt nicht seine Soundwelt ist. Danach habe ich mit Moritz & Hendrik (Anm. d. Red. Dienst & Schulter) einige Konzerte gespielt und so hat es sich ergeben, dass wir direkt in die nächste Platte reingeslidet sind.

Gibt es solch einen „Gründungsmythos“ denn auch zu „Diskman Antishock“?

Goldroger: Diesmal war der Mythos, dass wir gar nicht so richtig dazu kamen Mucke zu machen und ich auch eine längere Schreibblockade hatte. Ich kam dann irgendwann zu dem Punkt, wo ich mir dachte: „Mir ist das alles jetzt so krank scheiß-egal!“ Ich war wirklich kurz an dem Punkt, wo ich dachte, dass ich Musik jetzt an den Nagel hänge – Ich hatte einfach keine Lust mehr. Dann hab‘ ich 40 Songs in einem Monat geschrieben. Zwar nicht bis ins kleinste Detail ausformuliert, aber schon Demos, die recht weit waren. Zum Beispiel waren „Speedball Drive“ und „Potion“ Teil dieser Demos und im Endeffekt auch eins zu eins, wie sie dann auf der Platte gelandet sind. Aus diesem Pool an Demos hat sich bisher dieser Diskman Antishock-Kosmos gespeist.

Wenn man dich 2018 auf deiner Festival-Tour gesehen hat, konnte man Songs von dir hören, die es so nicht in deine Diskographie geschafft haben…

Goldroger: Ja genau, der eine hieß „Geld ist nicht alles“ und der andere hieß „Playback“. Die fand ich dann irgendwann nicht mehr so geil, deshalb sind sie auch auf keine Platte gelandet. Wobei wir „Playback“ noch auf der letzten Diskman-Tour gespielt haben, weil der Beat relativ krass reinballert. Letztendlich hat der aber nicht den Cut fürs Album gemacht. Dort sind nur Songs drauf, die in diesem Wahn entstanden sind.

Wenn du jetzt mal an den Schaffungsprozess von Diskman Antishock I & II denkst, sind die beiden Tapes unterschiedlich entstanden oder hast du sie unabhängig voneinander aufgenommen?

Goldroger: Ich hatte diesen riesen Pulk an Songs und habe dann angefangen Unterscheidungen zu machen. Ich wusste zum Beispiel, dass ich „Coup de grâce“, „Speedball Drive“ und „Stromkreis“ nicht zusammen auf einer Platte haben will. „Stromkreis“ und „Parabelflug“ habe ich recht früh aufgenommen, die sind dann aber auf die zweite Platte gerutscht. „Bomberman“ habe ich als allerletzten Song geschrieben, obwohl er dann als Intro auf Diskman I gelandet ist. Zu dem Zeitpunkt hatte ich aber schon längst andere Tracks für Diskman II fertig. Mir war es wichtig, dass es einfach ausgewogen ist. Das Ganze erscheint dann auch als Split-Vinyl auf der A-Seite ist Diskman I und auf der B-Seite Diskman II.

Wenn man bei deinem Cover unten rechts schaut, entdeckt man drei Platten, von denen jetzt zwei gefüllt sind. Ist ein dritter Teil in Arbeit?

Goldroger:  Yes, also entweder das oder „Live in der Leere“. Da überlege ich gerade noch. Die Dritte Phase ist entweder ein Live-Album oder nochmal Diskman. Ich habe auf jeden Fall noch Demos aus der Zeit, die ich gerne fertigstellen würde. Durch Corona und so habe ich aber auch die Überlegung, dass ich mir das Jahr jetzt erstmal nehme und den Nachfolger von Avra zu machen. Diskman ist für mich auch eher der Nachfolger zu „Räuberleiter“, da es auch dieses Mixtape-artige hat und ich nicht ein Thema habe, was ich allem unterordne, wie bei „Avrakadavra“.

Stephen King hat mal gesagt, dass jede*r Künstler*in drei Leitmotive in der eigenen Kunst verfolgt. Welche sind das bei dir?

Goldroger: Drogen, Depressionen und Liebe.

… Was mir zusätzlich dazu noch bei dir aufgefallen ist, ist dieses Gamer-Nerd-Motiv. Dein Künstlername basiert auf einer One-Piece-Figur, in deinen Texten und Videos bringst du Referenzen zu Dragonball oder anderen RPGs. Auch das Video zu deiner Single „Tesla“ hat mir nerdy-Vibes gegeben. Ist das ein Motiv, was du gerne bewusst einbringst?

Goldroger: Ja, auf jeden Fall! Ich weiß nicht, ob ich das für immer so machen werde, aber bisher ist das etwas, was ich krass digge. Also bei Avra, war das eine andere Comic-Welt als jetzt bei Diskman. Aber ich mag das schon sehr. Es gibt ja auch Künstler*innen, die als Album-Cover immer ein Foto von sich nehmen, aber das finde ich eher boring. Jedes Cover soll mich zwar immer darstellen, aber immer verfremdet. Ich habe Ching-Yeh ein paar grobe Outlines gegeben mit der Anmerkung, dass es irgendwie so einen futuristischen Kill-Bill-Vibe haben soll, das hatte ich bei Diskman I im Kopf. Es sollte aussehen wie ein Typ, der abends mit einem Katana durch die Gegend zieht und Rache übt. Beim zweiten Cover wollte ich dann unbedingt noch ein Girl, weil das auch ein zentrales Element der Platte ist. Ich wollte, dass der Diskman eine Partnerin hat, die den Anschein erweckt, als könnte sie ihn reparieren.

Goldroger – Tesla

Also gibt es praktisch noch ein Storyline auf dem Tape?

Goldroger: Das sind so Sachen, die mache ich dann gerne für mich. Ich hatte erst eine Storyline über sieben Tracks, die stufenweise funktioniert hat. Doch als es dann so klar war, fand ichs fast unangenehm und hab die dann etwas zerstückelt. Drei Tracks davon sind ja jetzt draußen und ob ich die anderen noch rausbringe, weiß ich nocht nicht. „Uu“ ist dabei der Anfang der Geschichte, „Horcrux“ ist dazwischen und „Wie leicht“ markiert das Ende der Timeline. Als Hörer von Musik finde ich es super befriedigend Referenzen bei anderen Künstlern zu checken. Wenn ich selbst sowas einbaue, gibt mir das das Gefühl, dass die Musik immer noch Momente hat, die ich eher für mich einbaue. Das sind Momente, die trotz der Öffentlichkeit komplett mir gehören.

Eine solche Selbstreferenz ist dann auch die Line „Ein Toast auf die Verlorenen“…

Goldroger:  Die Line kommt auf „Lip Gallagher“ und „Bomberman“, tatsächlich hatte ich das ursprünglich noch auf mehr Demos. Das find ich dann geil, wenn Leute das hören und sich denken „Ja man, das kenne ich“. Und für die Leute, denen das aufgefallen ist, ist das auch eine Zeile, die sie auf dem Konzert mitrappen werden. So wird diese Line auf einer Meta-Ebene zu einer Art Hook des Albums.

Lass uns nochmal etwas über die Production reden. Executive produced wurde Diskman von Dienst & Schulter und gemischt hat Mary (ehemals Dat Adam). Welchen Anteil haben sie an Diskman Antishock I & II?

Goldroger: Mary habe ich damals auf einer Party über Kurt Prödel kennengelernt und nach der Trennung von Dat Adam hat es sich ergeben, dass bei uns im Studio ein Raum frei wurde. Ich habe dann die Connections geklärt und jetzt sitzt Mary nebenan. Moritz mixt auf einer Pre-Mix ebene natürlich schon sehr weit, aber Mary hat die Tracks dann nochmal fett gemischt. Er hat geholfen, nochmal etwas Abstand zu den Songs zu gewinnen. Zum Beispiel hatte „Wie leicht“ keine 808 bevor Mary sich mit den Kleinigkeiten auf den Songs beschäftigt hat. Er hat die Tracks auf jeden Fall nochmal in ein anderes Licht gerückt.

Dienst & Schulter haben es geschafft dir soundtechnisch einen roten Faden zu verpassen. Gibt es eigentlich noch Goldroger ohne die beiden?

Goldroger:  Das frage ich mich manchmal auch. Wir spielen ja auch die Konzerte in dieser Formation zusammen. Mal angenommen ich würde jetzt mit anderen Producern zusammenarbeiten, dann wüsste ich gar nicht, ob ich das unter Goldroger rausbringen würde. Wir sind jetzt nicht sowas wie eine Band aber ein bisschen sind wir sowas wie Dynamite Deluxe für mich geworden. Ich würde mich komisch fühlen, wenn ich Goldroger Mucke ohne die Jungs mache. In der ganzen Zeit habe ich auch coole Producer connectet wie z.B Bazzazzian oder Miksu. Mit denen würde ich auch gerne mal Musik machen. Aber ich weiß nicht, ob das dann Goldroger Tracks wären. Jetzt gerade muss ich das noch nicht wissen, weil ich aktuell ja noch viel Musik hier mit Dienst & Schulter rumliegen habe und wir freuen uns, sofern Corona es erlaubt, diese auf der kommenden Tour zu spielen.

Goldroger – Kalkulation

LIVE 2020

Goldiger geht auf Diskman Legends-Tour

12.09.2020 Ratingen, Jetzt & Immer Festival
15.10.2020 Berlin, Gretchen
16.10.2020 Leipzig, Naumanns
17.10.2020 Würzburg, B-Hof
18.10.2020 Heidelberg, halle02
20.10.2020 Dortmund, FZW
21.10.2020 Köln, Gloria
22.10.2020 Bremen, Tower
23.10.2020 Hamburg, Knust
24.10.2020 Lüneburg, Salon Hansen
25.10.2020 Bielefeld, Movie
27.10.2020 Stuttgart, Im Wizemann
28.10.2020 München, Strom
29.10.2020 AT-Wien, Flex Café
30.10.2020 AT-Graz, ppc Bar
31.10.2020 Erlangen, E-Werk
01.11.2020 Frankfurt, Zoom

Foto:  Frederike Wetzels

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