Live

Bonaparte live im Lido: Striptease, Freakshow und eine große Party

Do you wanna party with the Bonaparte in a messed up place called Lido? Wollen wir, ja! Deswegen ging es für uns am letzten Samstag genau dort hin, um mit Tobias Jundt aka Bonaparte und seiner faszinierenden Entourage einen Abend lang zu feiern.

Wer schon einmal eine Show des immer mal wieder an der Elfenbeinküste lebenden aber oft und gerne nach Berlin zurükkommenden Schweizers gesehen hat weiß, dass die ziemlich verrückt sind. Hier stehen nämlich nicht nur ein paar Dudes mit Gitarre auf der Bühne, die ihre Songs runterspielen. Zum Inventar gehören hier auch die beiden Perfomance-Tänzer Lulu Rafano und Federica Dauri, die das Gesamtkunstwerk Bonaparte komplett machen.

Bonapartes anstehendes Album trägt den Namen „Was Mir Passiert“. Die Tour heißt „Zurück nach Abidjan“. Aufmerksamen Fans fällt da vielleicht eine Kleinigkeit ins Auge: Das hier ist nicht die gewohnte Sprache, in der sich Bonaparte bisher ausdrückte. An der afrikanischen Elfenbeinküste arbeitete Jundt intensiv an neuen Sounds für das sechste Studioalbum. Interessant ist, dass er sich genau hier dafür entschied, den musikalischen Weg jetzt erstmal auf Deutsch zu gehen. Über diesen Wandel sagt Jundt: „Über die Jahre hatte ich immer mal wieder auf Deutsch geschrieben, aber keiner dieser Songs passte bislang auf eine meiner Platten.“

Wir waren also gespannt, wie sich die deutschen Songs live bewähren würden, merkten aber schnell, dass es auf dieser Tour für Bonaparte eher back to the roots geht. Der Abend startet ungewöhnlich ruhig, aber nicht weniger energetisch, als man es von Jundt und seinem avantgardistischen Kollektiv kennt. Und nach zwei Songs ist es dann auch direkt vorbei mit ruhig. Bei „Anti Anti“ dreht nicht nur das Lido durch, hier erscheinen auch die beiden Tänzer zum ersten Mal auf der Bühne, die sich in gewohnter Manier relativ schnell um- und ausziehen. Zwischendurch gönnt sich Lulu noch etwas, was aussieht, wie ein zähes Brötchen vom Vortag. Scheint auch so zu schmecken, denn runter kriegt er das Ding nicht. Stattdessen spuckt er es über den Leuten in der ersten Reihe wieder aus – sharing is caring.

Bonaparte-Shows leben von der Interaktion zwischen der Band und den Tänzern auf der Bühne und dem Publikum. An diesem Abend gibt es die zwischen Jundt und dem Publikum zwar nicht in verbaler, dafür aber in physischer Form. Zum Beispiel als er während „Wash Your Thighs“ in der Menge verschwindet, um kurz darauf auf den Schultern eines Besuchers wieder zu erscheinen. Seinen Höhepunkt nimmt das ganze aber als er bei „Too Much“ mitten im Publikum eine theatralische Nahtoderfahrung darstellt, sich auf den Boden wirft und sich dann über die Menge zurück zur Bühne manövrieren lässt. Das ist dann wohl sogar für Jundt zu viel, der immer ein paar Prozent zu viel Energie in sich hat.

Schüchtern sollte man auf einem Bonaparte-Konzert nicht sein, das war schon immer klar. Denn spätestens beim vorletzten Song, als Lulu und Federica sich komplett nackt den Hintern versohlen und sich und das Publikum mit diversen Sektduschen erfreuen, weiß auch der letzte Introvertierte im Lido: Die da vorne auf der Bühne sind es definitiv nicht.

(Foto: Dadi Thierry Kouame)